Moment – gibt es wirklich Männer, die so heißen? Nachkriegsgeborene? Jepp. Um herauszufinden, wie es sich mit diesem belasteten Vornamen lebt, habe ich mich auf die Suche nach Adolfs gemacht. Und lasse mir nun von einem nach dem anderen erzählen, wie der Name sie geprägt hat, wie sie gerufen werden wollen und an wen sie denken, wenn sie „Adolf“ hören. Und vor allem: nach wem sie denn nun wirklich benannt sind.

 

10 Geschichten, Statistiken, Videos, Namensforschung –
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// Die Portraits

Sie heißen auch Adi, Dolf, A. oder Adolf? Oder kennen jemanden, der seine Geschichte erzählen möchte? Dann melden Sie sich gerne bei mir.

// Hintergründe

Das Projekt

Hitler. Heißt so noch irgendwer, der lebt? Das war mal die Ausgangsfrage, vor einigen Jahren. – Gefolgt von: Gibt es noch Adolfs? Und auf einmal tauchten ein paar auf, in der Öffentlichkeit, umständehalber; bei einem Interviewtermin, berufsbedingt. Und diese Adolfs waren jung. Nachkriegs-jung. Neue Frage, also: Wieso heißen sie so? Und – haben sie noch Kontakt zu ihren Eltern? Denn sicherlich, eine andere Erklärung als stramme politische Überzeugung kann ja…

// Zitate

„Ich bin wirklich mit allem einverstanden, was meine Eltern gemacht haben. Das einzige, was ich bis heute nicht gut finde, ist mein Vorname.“

Adolf // 1951

„Meine Strategie fürs Leben: Ich lasse mich möglichst nie provozieren. Mag sein, dass ich die als Reaktion entwickelt habe.“

Adolf // 1959

„Wenn ich meinen Namen höre, habe ich mittlerweile übrigens zuerst das Gesicht von Christoph Maria Herbst vor Augen. Seit dem Hörbuch von ‚Er ist wieder da‘.“

Ado // 1977

„Man kann sagen: Das Abarbeiten an dem Namen hat mich zu einem besseren Menschen gemacht. Ich bin dadurch meinungsfreudig geworden.“

Addi // 1985

„Wenn ich ‘Adolf’ geschrieben sehe oder höre, habe ich auch erstmal nicht mich vor Augen, nicht den Vater oder Großvater. Sondern den Adolf.“

Dolf // 1965

„Es gab ein paar Leute bei uns im Dorf, die haben mir immer am 20. April zum Geburtstag gratuliert. Das habe ich anfangs nicht verstanden.“

Addi // 1985

„Sogar meine Email-Adresse habe ich so gestaltet, dass man den Namen nicht bemerkt. Ich versuche auch immer zu kaschieren, dass meine Initialen identisch sind mit Hitlers.“

Adolf // 1951

„Man wusste, wie belastet und belastend der Name ist. Aber hat sich damals gesagt: Knapp 15 Jahre nach Kriegsende sollte er wieder möglich sein.“

Adolf // 1959

„Ich werde nie vergessen, als ich zum ersten Mal zu meiner Ex-Freundin nach Hause kam. Die hieß Anne. Benannt nach Anne Frank. Sie hat eine Schwester, sie heißt Sophie. Nach Sophie Scholl. Und dann sitzt man da am Kaffeetisch: Hallo, ich bin Adolf.“

Addi // 1985

„Nur weil ich Adolf heiße, habe ich doch nichts damit zu tun, was Hitler getan hat. Ein Name ist nur ein Name.“

Dolf // 1965

„Ich verbinde meinen Namen persönlich nicht mit Hitler, keineswegs. Aus der Weltkriegszeit gibt es genug andere böse Menschen. Da könnte man ja über jeden Rudolf diskutieren.“

Ado // 1977

„Es ging mir darum, politisch, inhaltlich, menschlich so zu sein, dass der Name auch mit etwas ganz anderem verbunden werden kann.“

Adolf // 1951

„Mein Opa Adolf hat seinen Kindern verboten, zur Hitlerjugend zu gehen. Damit war er in dem kleinen Dorf sofort ausgeschlossen. Er war geradlinig. Deswegen war meinem Vater wichtig, die Erinnerung an ihn aufrechtzuerhalten.“

Adi // 1957

„Ich kann nicht mal sagen, ob mir Adolf gefällt oder nicht. Ich lebe im Frieden mit meinem Namen. Vielleicht ist es wie wenn man mit Bleigewichten joggt: Das macht stärker.“

Adi // 1948

„Der Name ist dumpf, er ist altmodisch, aus so einer altgermanischen Rumpelhöhle, in der ich mich ungern sehe.“

A.W. // 1964

„Ehrlich, ich hatte nie Probleme mit meinem Namen. Ich glaube, das liegt viel am direkten sozialen Umfeld. Und da ich immer schon ein sehr gefestigtes Selbstbewusstsein hatte, war mir eh immer egal, was andere gesagt haben.“

Adolf // 1969

„Wenn ich den Namen Adolf höre, denke ich zuerst an meinen Vater. Wenn ich ein Photo von Hitler sehe, ist meine einzige Reaktion: Ablehnung. Und unterschwellige Aggression.“

Dolf // 1955

„Es ist wie mit der Architektur – ein Name an sich trägt keine Schuld. Aber genauso wie es unsere verdammte Pflicht ist, jene Häuser, die während des Nationalsozialismus entstanden, wieder mit neuem Leben zu füllen, war ich gefordert, den Namen Adolf mit eigener Bedeutung aufzuladen.“

A.W. // 1964

„Der erste, an den ich denke, wenn ich den Namen höre, ist mein Vater, dann mein Opa. Hitler? Nö. Den sehe ich in dem Kontext gar nicht.“

Adolf // 1969

„Mein Vater, Jahrgang 1922, erklärte beharrlich: Der Name Adolf habe Tradition in der Familie – er selbst und sein Patenonkel hießen auch so –, er habe gar nicht eingesehen, ihn wegen Hitler nicht weiterzugeben.“

Dolf // 1955

„Wirklich, ich hatte nie Schwierigkeiten, weil ich Adolf heiße. Ich kann gut damit leben. Aber ich schwimme vom Naturell her sowieso eher gegen den Strom.“

Adi // 1957

„Durch meinen Namen habe ich gelernt, vernünftig zu argumentieren. Das war überlebenswichtig. Ich kann durch ihn gut erklären, was passiert, wenn man mal nicht nachdenkt.“

Adi // 1948

„Ich habe meine Eltern damals mit Grausamkeit bestraft. Ich habe mit schweren Kanonen zurück geschossen. Ich habe mich ihnen entzogen. Das tat mir später sehr leid.“

Adi // 1948

„Richtig unangenehm wurde es erst in der Jugendzeit. Ich hatte ein furchtbar uncooles Mofa, das hat mir mindestens so viel zu schaffen gemacht wie der Name.“

A.W. // 1964