Dolf // 1965

“Ich glaube nicht, dass mich mein Name geprägt hat. Ich glaube grundsätzlich nicht, dass Namen einen prägen sollten. Es ist einfach nur ein Name.

Toll finde ich ihn nicht. Aber er ist ok. Auch von der Bedeutung her: Es gibt Schlimmeres, als ‚ein edler Wolf‘ zu sein. Meine Eltern riefen mich früher Adi. Aber das war mir irgendwann zu kindlich und verniedlichend, deswegen nenne ich mich Dolf, seit ich 14, 15 bin. Diese Abkürzung finde ich ganz schmissig. Das Gute: So heißen nicht viele und man kann ihn sich gut merken. Zum Netzwerken ist das viel besser als Peter oder Hans.

Damals wollte ich mir dringend einen cooleren Namen zulegen, weil ich mit der Punkbewegung in Berührung kam, die Musik gehört habe und mich für ihre Inhalte interessierte. Aber: Hieße ich anders, wäre meine politische Haltung genau die gleiche. Ich bin immer noch Teil dieser Szene: Ich leite seit über 30 Jahren das Punk-Fanzine ‚Trust‘.

Dass ich überhaupt Adolf heiße, scheint eine kurzfristige Entscheidung gewesen zu sein. Meine Eltern wussten einfach nicht, wie sie mich nennen sollen. Und dann hat mein Großvater wohl kurz vor der Taufe gesagt: ‘Das ist doch ganz klar, der wird so heißen wie ich selbst und sein Vater’ – also sein Sohn. So wurde es mir zumindest erzählt.

Ich kann mich nicht erinnern, dass wir zuhause je Diskussionen über meinen Namen hatten. Nicht nur, weil ich nie Probleme mit ihm hatte und keine Erklärungen brauchte, wieso sie ihn mir gegeben haben. Es war auch für sie selbst nie ein Thema. Selbst wenn ich heute darüber nachdenke, kommt mir das nicht seltsam vor: Sie haben ihn mir ja nicht gegeben haben, weil sie Hitler-Fans sind.

Scham für den Namen? Nein

Mein Großvater wurde 1910 geboren, da wusste noch niemand von dem anderen Adolf. Es gibt für mich deswegen keinen Grund, Scham für diesen Namen zu empfinden. Wenn Leute sagen: Nee, mit einem, der Adolf heißt, will ich nichts zu tun haben, dann haben eher die eine Problem. Nur weil ich Adolf heiße, habe ich doch nichts damit zu tun, was Hitler getan hat. Ein Name ist nur ein Name. Aber wenn Menschen einen Namen bekommen, der sich explizit auf eine bekannte Person bezieht und eine bestimmte Bedeutung mit transportieren soll, ist das natürlich etwas anderes.

Deswegen fände ich es auch ziemlich erschreckend, wenn Adolf als Vorname wieder häufiger vergeben werden würde. Weil es darauf schließen ließe, dass er aus den falschen Gründen populärer wird. Die Verantwortung, gegen diese neuen rechten Strömungen vorzugehen, hat jeder in Europa – auch ich. Aber sicher nicht wegen meines Namens.

Wenn ich ‘Adolf’ geschrieben sehe oder höre, habe ich auch erstmal nicht mich vor Augen, nicht den Vater oder Großvater. Sondern den Adolf. Erst dann denke ich: Oh, noch einer, der diesen seltenen Namen hat, der so verbrannt ist. Man muss dazu sagen: Hätten wir Kinder, hätten wir sie sicher nicht so genannt. Meine Frau würde einem Kind diese Assoziationen gerne ersparen.

Ich habe selbst nie ein Geheimnis daraus gemacht, dass hinter dem ‘Dolf’ Adolf steckt, nicht etwa Rudolf. Die erste Reaktion von anderen ist zwar immer: Was?! Wie konnten Deine Eltern das machen! Aber abgesehen davon kann ich mich nicht erinnern, dass ich je gehänselt wurde. Als ich 16 war, haben mich Leute in der Schule mal eine Weile Adolf genannt, ja, aber das hat sich von alleine wieder gegeben.

Handgemacht, mit Stecknadeln und Zeichentusche. Mit 13.

Die Initialen teile ich mit dem anderen Adolf, sie sind mir buchstäblich unter die Haut gegangen: Als ich 13 war, haben meine Gang und ich entschieden, dass wir uns unsere Anfangsbuchstaben auf den Oberarm tätowieren. Ganz klassisch, mit drei Stecknadeln und Zeichentusche. Das steht jetzt eben da, immer noch: A.H.”